Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz – Teil 03 – Funktion der immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung und (nicht) genehmigungsbedürftige Anlagen


3 Die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung

3.1 Funktion der Genehmigung

3.1.1 Die Genehmigung als präventives Kontrollinstrument

Das Umweltrecht kennt, wie auch andere Gebiete des Ordnungsrechts, unterschiedliche administrative Instrumente des Gesetzes- und Planvollzugs. Grundtypen dieser Kontrollinstrumente sind, neben den Anzeige- und Anmeldepflichten, die Erlaubnisvorbehalte in ihren verschiedenen Ausprägungen.(Fußnote)

Die Erteilung einer Anlagengenehmigung ist in Form eines sogenannten präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. Dies dient der behördlichen Vorausprüfung einer umweltrelevanten Verhaltensweise; im Hinblick auf das BImSchG konkret die Errichtung und den Betrieb einer in die Umweltmedien emittierenden Anlage.(Fußnote) Nur durch diese Ausgestaltung kann sichergestellt werden, dass vor der Emission (und der daraus folgenden rechtlich relevanten Immission) sämtliche relevanten Aspekte im Lichte der Ziele des BImSchG erkannt und überprüft werden.

Die Ausgestaltung als präventives Verbot soll dabei keine Missbilligung der Vorhaben zum Ausdruck bringen und stellt daher auch kein generelles Verbot dar. Das Verbot bezieht sich vielmehr auf die Errichtung und den Betrieb ohne behördliche Zulassung. Im Genehmigungsverfahren ist jeweils zu prüfen, ob das geplante Vorhaben mit den materiell-rechtlich einschlägigen Normen übereinstimmt.(Fußnote) Die präventive Kontrolle hat lediglich das Ziel, diese Überprüfung einem Betrieb zeitlich voranzustellen. Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, hat die Behörde - zumindest bei der Vollgenehmigung - keinen Ermessensspielraum bezüglich ihrer Entscheidung, sondern muss die Genehmigung erteilen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 6 BImSchG. Unter den bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen kann die Erlaubnis lediglich mittels Nebenbestimmungen eingeschränkt werden (s.u., 3.5).

3.1.2 Mitwirkungsgebote

Bei der Anlagengenehmigung handelt es sich bereits deshalb um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, da die sie einen entsprechenden Antrag voraussetzt. Ohne einen solchen kann die Behörde nicht tätig werden. Sollte der Genehmigungsantrag dagegen zurückgenommen werden, ist die Behörde verpflichtet, das Genehmigungsverfahren einzustellen.

Um der Genehmigungsbehörde ein zuverlässiges Urteil über die Genehmigungsfähigkeit einer Anlage zu ermöglichen, sind auch die inhaltlichen Mitwirkungspflichten des potentiellen Betreibers insbesondere bezüglich möglicher schädlicher Umwelteinwirkungen von großer Relevanz.(Fußnote)

Zur gebotenen Mitwirkungshandlungen zählen gemäß § 52 Abs. 2 BImSchG etwa

  • den zuständigen Mitarbeitern der Behörde den Zutritt zum Betriebsgrundstück und ggf. den bereits vorhandenen Anlagen zu gewähren,
  • den Behörden die Durchführung erforderlicher Emissionsmessungen zu ermöglichen, oder
  • die Pflicht, der Behörde Auskünfte zu erteilen und Dokumentationen zu überlassen,

sowie in den Fällen des § 52b Abs. 2 BImSchG eine Mitteilungspflicht über die Betriebsorganisation.

Ferner zählen hierzu auch die bereits im Rahmen der Einleitung des Genehmigungsverfahrens einzureichenden Unterlagen gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG (konkretisiert in §§ 4 - 4e der 9. BImSchV).

3.1.3 Darlegungs- und Beweislast

Aus der Mitwirkungsbedürftigkeit bei der Erteilung einer Genehmigung ergibt sich, dass der Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Genehmigungsfähigkeit seines Vorhabens hat. Somit obliegt ihm die Beibringung sämtlicher relevanter Anträge, Unterlagen und Dokumentationen. Dies manifestiert sich vor allem in der generell formulierten Norm des § 10 Abs. 1 S. 2 BImSchG und den konkretisierenden §§ 4 - 4e der 9. BImSchV hinsichtlich der Bereitstellung der für eine Prüfung des Antrags erforderlichen Dokumente.

Allerdings wird die einseitige Darlegungs- und Beweislast insofern abgemildert, als dass das BImSchG und die ausführenden Verordnungen vom Grundsatz der Zusammenarbeit zwischen dem Antragsteller und den Behörden ausgehen. Dies zeigt sich zum einen in der Pflicht zum Dialog zwischen beiden Parteien (etwa durch die behördliche Beratung in § 2 Abs. 2 der 9. BImSchV). Zum anderen erkennt etwa auch § 4e Abs. 4 S. 2 der 9. BImSchV Schwierigkeiten bei der Beschaffung von relevanten Unterlage an. Sofern Probleme aufgetreten sein sollten, dient diese Regelung sowohl der Einschätzung der Verlässlichkeit dieser Informationen; gleichwohl entlastet sie den Antragsteller davon, beispielsweise wegen fehlender Prüfmethoden alternativlos keine Genehmigung zu erhalten und somit von seinem gesamten Vorhaben Abstand nehmen zu müssen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass letztlich der Antragsteller ein Interesse an der Genehmigung hat und er dieses Ziel nur durch eine beanstandungsfreie Beweis- und Dokumentationsführung erreichen kann.

3.2 Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Anlage

3.2.1 Genehmigungsbedürftige und nicht genehmigungsbedürftige Anlagen

Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind solche Anlagen genehmigungsbedürftig, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft in anderer Weise zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen(Fußnote). Wie bereits oben erläutert, ist der immissionsschutzrechtliche Anlagenbegriff für die Feststellung der Genehmigungsbedürftigkeit insofern zweitrangig, als dass sich das Erfordernis einer Genehmigung aus der abschließenden Auflistung in Anhang 1 der 4. BImSchV ergibt. Insofern ist weder eine Einzelprüfung, etwa im Hinblick auf die "besondere Schädlichkeit", notwendig, sondern lediglich eine Subsumtion unter den Katalog der Rechtsverordnung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine dort nicht aufgeführte Anlage auch nicht genehmigungsbedürftig ist.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Anlagengenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Niklas Gatermann, LL.M. of German and Polish Law und deutsche Rechtswissenschaften an der Europa-Universität Viadrina, Magister des Polnischen Rechts an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-58-8.


 

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Stand: Januar 2016


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