Heilmittelwerbung – Teil 13 – § 11 HWG Werbevorträge

6.2.1.5 § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 8 HWG: Werbevorträge

Gem. § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 8 HWG darf außerhalb der Fachkreise nicht durch Werbevorträge geworben werden, mit denen ein Feilbieten oder eine Entgegennahme von Anschriften verbunden ist.

Die Regelung schützt den Zuhörer der Werbevorträge vor einem psychischen Druck oder Verhaltenszwang. Es wird angenommen, dass gewandte Redner dazu in der Lage sind, die Zuhörer durch die Ausübung eines psychologischen Drucks zu Impulskäufen zu verleiten. Dem Zuhörer bleibt nicht viel Zeit zur kritischen Beurteilung der Entscheidung. Er ist eher dazu geneigt, seine Kaufentscheidung zu belassen. Derartige Impulskäufe führen zu einem unbedachten Heilmittelverbrauch und fördern die Gefahr der Selbstmedikation (Fußnote).

Werbevorträge sind Veranstaltungen, bei denen ein Redner vor einem größeren Publikum für ein Heilmittel iSd § 1 HWG wirbt. Die Werbung muss mit Absatzförderungsabsicht erfolgen Fußnote). Der Geschäftskontakt muss unmittelbar mit der Veranstaltung verbunden sein (Fußnote). Individuelle Verkaufsgespräche und Werbefilme sind nicht als ein Werbevortrag zu qualifizieren (v Fußnote).
Bei der Beurteilung, ob ein Vortrag der Heilmittelwerbung dient, ist der Inhalt des Vortrags entscheidend. Allein die Tatsache, dass der Vortrag auch einen wissenschaftlichen Inhalt oder Aufklärung hat, lässt die Absatzförderungsabsicht nicht entfallen. Auch wissenschaftliche Vorträge dienen der Werbung, wenn sie sich über das notwendige Maß hinaus auf ein Heilmittel fokussieren (Fußnote).

Ein Feilbieten der Heilmittel liegt vor, wenn die beworbenen Heilmittel äußerlich erkennbar bereitgestellt werden. Die Bereitstellung muss dem alsbaldigen Verkauf potentieller Erwerber dienen. Die Heilmittel werden in räumlichem Zusammenhang zum Vortragsort feilgeboten, sodass sie durch Bargeschäft veräußert werden können (Fußnote). Die Regelung erfasst nur das Feilbieten von Produkten, auf die sich der Vortrag bezieht oder die diesen sehr ähnlich sind (Fußnote).

Entgegennahme von Anschriften stellt eine Vorstufe zur Entgegennahme von Bestellungen dar. Es handelt sich um eine Anbahnung des Geschäfts, bei dem der Leistungsaustausch noch aussteht (Fußnote). Die Entgegennahme von Anschriften muss in räumlicher und zeitlicher Nähe des Vortrages erfolgen (Fußnote).

6.2.1.6 § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 9: Getarnte Werbung

Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 HWG darf außerhalb der Fachkreise nicht mit Veröffentlichungen geworben werden, deren Werbezweck missverständlich oder nicht deutlich erkennbar ist.

Verschleierte Werbung begründet den Anschein von Objektivität. Der Verbraucher wird durch diesen Anschein der Gefahr einer unkritischen Betrachtung ausgesetzt (Fußnote). Die Werbeadressaten sollen aber ihre Kaufentscheidungen stets im Bewusstsein treffen, dass es sich um werblich-absatzorientierte Informationen handelt (Fußnote).

Eine Veröffentlichung ist ein Informationsträger, der an einen Personenkreis gerichtet ist (Fußnote). Die Regelung der Nr.9 erfasst alle Arten von Veröffentlichungen. Das sind sowohl Druckerzeugnisse jeder Art als auch audiovisuelle Medien. Eine Beschränkung auf Printmedien lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen (Fußnote). Auch Emails, Internetbeiträge und Flugblätter sind als Veröffentlichungen einzustufen (Fußnote).

Der Zweck der Veröffentlichungen muss missverständlich oder nicht deutlich erkennbar sein. Missverständlich ist der Werbezweck, wenn die Veröffentlichung mit Werbeabsicht erfolgt, diese Absicht dem Text jedoch nicht entnommen werden kann (Fußnote). Ein undeutlicher Werbezweck ist anzunehmen, wenn er zwar bei genauem Betrachten erkennbar ist, aber mehr oder weniger versteckt ist (Fußnote). Bei der Beurteilung der Miss-verständlichkeit ist auf das Urteil eines durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Werbeadressaten abzustellen (Fußnote). Die Veröffentlichung muss in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Wird auf den Werbecharakter durch entsprechenden Hinweis hingewiesen, fehlt es an der Missverständlichkeit des Werbezwecks. Der Hinweis muss in diesem Fall durch eine entsprechende Schriftgröße und Gestaltung für die Adressaten deutlich erkennbar sein. Ein Vermerk im Impressum genügt nicht (Fußnote).

Beispiel 1
Eine Arztpraxis verteilt im Wartezimmer Broschüren mit dem Titel „Goldene Regeln für Patienten mit Atemnot bei Asthma und Bronchitis“. Tatsächlich dienen die Broschüren der Werbung für einen bestimmten Inhalator der Marke X.
o Die Werbebroschüren dienen hier einem Werbezweck. Dies lässt sich dem Text der Broschüre jedoch nicht entnehmen. Der Zweck der Veröffentlichung ist missverständlich. Die freie Verteilung der Broschüre durch Ärzte verstößt deshalb gegen § 11 Abs.1 S.1 Nr. 9 HWG und im Übrigen gegen das Irreführungsverbot (Fußnote). 



Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

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Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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